Haderer

Gerhard Haderer? Was fällt uns zu diesem Namen ein? Zuerst einmal eine raffinierte, detailgenaue und -verliebte zeichnerische Ästhetik, die in ihrer Brillianz ihresgleichen sucht und der beinahe fotorealistische Charakter seiner Bilder. Dann: Seine Beobachtungsgabe! Auf was auch immer der Österreicher seinen Blick richtet, er scheint dabei so genau hinzusehen, dass es dem Betrachtenden seiner Bilder schon mal schwindlig wird. Und Gerhard Haderer beherrscht noch eine ganz andere Kunst. Denn er ist ein äußerst fleißiger, um nicht zu sagen disziplinierter Arbeiter und lieferte für das Magazin stern über 20 Jahre jede Woche den Einstiegs-Cartoon. Kurzum: Haderer spürt, welches Thema die „Volksseele“ gerade bewegt oder sie zum Gären bringt. Er legt, immer mit Bedacht, den Finger in die Wunde und bringt so auf den zeichnerischen und textlichen Punkt, was die Menschen betrifft, drangsaliert oder auch ängstigt: Den ganz alltäglichen Wahnsinn.

Das Caricatura Museum Frankfurt präsentierte den Superstar der Komischen Kunst, den vielfach ausgezeichneten Maler, Cartoonisten und Buchautor Gerhard Haderer, anlässlich seines 60igsten Geburtstags, in der exklusiven, großen Werkschau: HADERER.

Die Ausstellung im Caricatura Museum war Teil der gemeinschaftlichen Ausstellungsreihe „Haderer – Bis der Arzt kommt!“, die die Städte Linz, Krems, Villach und Wien zusammen mit Frankfurt am Main organisierten, um das umfangreiche Werk, Wesen und Wirken von Gerhard Haderer zu seinem 60. Geburtstag zu würdigen.

Achim Frenz, der Leiter der Caricatura, traf zusammen mit dem Künstler, aus den mehr als 1.100 für den stern entstandenen Zeichnungen eine Auswahl von gut 200 Originalbildern für die Ausstellung.

Die 200 ausgesuchten Original-Cartoons zeigten die gesamte Bandbreite von Haderers Schaffen. Ganz egal, ob es um Politik, Wirtschaft, Kultur, Sport, Religion, Tourismus oder den Alltag geht, der Komische Künstler lässt einfach kein Thema aus. Seine Neugier scheint ebenso unstillbar, wie sein Interesse an allem, was den Mensch ausmacht: Guido Westerwelle als Pinocchio, das traute Rock-Paar 40 Jahre nach Woodstock, der montägliche Traum von Millionen Bundesbürgern, der strahlende, Goldkettchen behängte, sonnenbebrillte Lottogewinner oder der etwas überraschende Besuch der ach so lieben Verwandten. Immer enthüllt die meisterhaft gezeichnete Überspitzung, die offensichtliche Wahrheit – bis hin zum tragisch-komischen Element.

So wurde aus den Bildern Gerhard Haderers, chronologisch betrachtet, auch eine Zeitreise durch unsere jüngere Vergangenheit mit all ihren Höhepunkten, Widrigkeiten und Skandalen. Allerdings war diese Vergangenheit so gegenwärtig wie Haderers Bilder, die uns die hohe Kunst der Verdichtung des ganz alltäglichen Wahnsinns vor Augen führten.

Gerhard Haderer, 1951 in Leonding geboren, vielfach ausgezeichnet, lebt und wirkt von Linz aus. Seit 1984 arbeitet der gelernte Grafiker als Karikaturist für so renommierte Zeitschriften wie die TITANIC, profil, Wiener, Trend, Geo und von 1991-2016 wöchentlich für den stern. Weltweit ist Gerhard Haderer durch seine zahlreichen Buchveröffentlichungen bekannt geworden. Sein 2002 erschienenes Buch „Das Leben des Jesus“ löste international heftige Reaktionen insbesondere der katholischen Kirche aus. Am 19. Januar 2005 wurde er in Griechenland wegen Beschimpfung einer Religionsgemeinschaft in dem Buch in Abwesenheit zu sechs Monaten Haft verurteilt. Dieses Urteil wurde jedoch am 13. April 2005 korrigiert und Gerhard Haderer wurde freigesprochen. Die Diskussionen um seine Zeichnungen gehen fröhlich weiter.

Begleitend zur Ausstellung erschien in der Caricatura Museum Edition der Katalog „HADERER – Das zweite Jahrzehnt im stern“ (Lappan Verlag, 49,95,- €) mit einem Vorwort von Rolf Diekmann.

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